Wie kommt ein Kind auf die Straße?
Dass Kinder und Jugendliche die Straße unter Umständen ihrem familiären Umfeld als Lebensmittelpunkt vorziehen, hat unterschiedliche Gründe. Oft gehen sie zusammen mit einem Familienmitglied oder zumindest in dessen Auftrag auf die Straße, um den Unterhalt der Familie zu sichern. Viele der Straßenkinder haben bereits ältere Geschwister oder Bekannte auf der Straße. In vielen Fällen sind schwierige familiäre Verhältnisse, wie häusliche Gewalt, Platz- oder Essensmangel, ein neuer Partner des verantwortlichen Elternteils oder etwa der Tod von Mutter oder Vater, Auslöser für eine Flucht. Diejenigen, die ausschließlich auf der Suche nach Freiheit und Abenteuer sind, stellen sicher die Ausnahme dar. Die Mehrzahl der Kinder und Jugendlichen, die in Recife auf der Straße leben, ist männlich und zwischen neun und vierzehn Jahre alt. Mehr als die Hälfte hat die Schule und weitgehend auch den familiären Kontakt abgebrochen und lebt seit einem bis zu fünf Jahren auf der Straße. Mit der Ankunft auf der Straße und der Aufnahme in eine Straßenkindergruppe, kommen die Kinder und Jugendlichen schnell in Kontakt mit Drogen. Die Einstiegsdroge ist meistens Schusterleim, der aus kleinen Plastikflaschen inhaliert wird. Eine Rolle spielen außerdem bspw. Marihuana, lolô (eine Art Äther), Zuckerrohrschnaps und zunehmend auch Crack. Um ihre Grundbedürfnisse und ihren Drogenkonsum zu finanzieren, greifen die Kinder und Jugendlichen zu verschiedensten Methoden. Die Mehrheit bittet Passanten und Buden- oder Restaurantbesitzer um Geld oder Essen und hält sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser. Da das so verdiente Geld meist nicht ausreicht, kommen illegale Aktivitäten hinzu: Gelegenheits- und Bagatelldelikte, aber auch Raub, Drogenhandel, Prostitution.